Unterton Review

X so much to UNTER.TON | MAGAZIN FÜR KLANG- UND SUBKULTUR by Daniel Dreßler for the review of Marienborn.

Quote:

“Die Aufarbeitung der eigenen Geschichte kann auf verschiedenste Weise passieren. Im Fall von Brueder Selke, tatsächlich bestehend aus dem Brüderpaar Sebastian (Cello) und Daniel (Klavier), steht ihre eigene Kindheit und das Heranwachsen in der ehemaligen DDR als Bezugspunkt für ihre Kompositionen. "Marienborn", so der Albumtitel, bezieht sich auf den gleichnamigen Grenzübergang zwischen Sachsen-Anhalt und Niedersachsen, der seinerzeit zu den am stärksten frequentierten Transitrouten zählte. Die Selke-Brüder interessiert aber weniger die Frage nach dem Grenzübergang per se als viel mehr die Frage, wie Trennung und Spaltung thematisiert und überwunden werden kann. Ihr Ansatz ist ein höchst anspruchsvoller: Die modulierten Klavierlinien, bei denen selbst die Pedalgeräusche bewusster Teil der Kompositionen darstellen, werden von breitflächigen Streicherdrones getragen, sodass sich einerseits eine tiefe Melancholie Raum verschafft, die aber nie einen zu erdrücken droht. Dafür flirren die Melodien viel zu leichtfüßig durch die Lautsprecherboxen. An manchen Stellen greifen die Stücke einen direkt bei der Seele ("Division" ist so ein eindrucksvoller Moment), während andernorts so etwas wie ein natürlicher Fluss der Töne entsteht ("Transit Traffic"). Mittlerweile fungiert der ehemalige Checkpoint als Mahnmal für die deutsche Teilung. Dort eine Ausstellung mit Fotos und Videos aus dieser Zeit zu veranstalten und diese dann mit der Musik von Brueder Selke zu unterlegen, würde ein perfektes Zusammenspiel ergeben und so vieles erklären, wozu unzählige Guido-Knopp-Dokumentationen nie im Stande sein werden.”

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